31.08.21
Verfasser: Christian
Liebes Tourtagebuch,
heute ist der abschließende Tag der diesjährigen Lauf-KulTour in der Sachsen Edition (Premiere). Es liegen nass-kalte, kräftezehrende, aber letztlich gegen nichts eintauschbare Tage hinter uns.
4:00 Uhr - Wecker klingeln - Der Tag begann erneut nass-grau zu einer Uhrzeit, bei welcher vermutlich nur wenige Menschen die Motivation verspüren würden, die eigenen bleischweren Beine zu ignorieren und sich auf den Weg auf eine ca. 95 km lange Rad-Lauf-Koppelrunde zu begeben. Erfreulicherweise haben sich auch in diesem Jahr wieder einige humanoide Exemplare gefunden, die genau diese Umstände anzutreiben schienen. Konkret hat sich unser heutiges Team aus 9 Kernsportlern, 3 unterstützenden Sportlern und 3 Betreuern um 5:30 Uhr zum Frühstück vor dem Industriemuseum in Chemnitz eingefunden und bereitete sich in mittlerweile geübter Routine auf den Tourtag vor. Letzte Checks am eigenen Tourrad vornehmen, Energiereserven auftanken, Sponsoren-Klamotten vorbereiten und die letzten Absprachen innerhalb des Teams treffen, damit Laufkilometer möglichst angemessen verteilt und Wechsel optimiert werden können.
Nachdem wir die schöne Kulisse des Industriemuseums für ein Gruppenbild in Mannschaftsklamotte genutzt haben, machte sich Team 1 auf den Weg Richtung Glauchau. Team 2 und 3 folgten nach kurzer Zeit und es ergab sich ein ungeplanter Treffpunkt am Totenstein, welcher normalerweise zu einem sehnsüchtigen Blick in die Weiten des Chemnitzer Umlandes einlädt. Der Rabensteiner Wald war über und über mit Wolken verhangen und manch einer hätte vermutlich keine Motivation gesehen, den Aussichtsturm zu besteigen. Eine kurze Absprache in Team 1 mit demokratisch fraglichem Ausgang führte jedoch dazu, dass besagte Sportler die zusätzlichen Treppenstufen nicht auf ihrem Strava-Profil auslassen wollten. Oben angekommen offenbarte sich dann jene Kulisse, welche bereits von unten erahnt werden konnte. Ein imposanter Mix aus Weiß und Grau, wie ihn nicht jede Hauswand im Tal hätte bieten können.
Team 2 und 3 machten sich in der Zwischenzeit auf den Weg Richtung Glauchau, wo ein liebevoll inszenierter Empfang der Berufsakademie für unser gesamtes Team vorbereitet wurde. Es standen warme Getränke, Booster im eigenen BA-Design und sportbegeisterte BA-Angehörige bereit um uns als Lauf-KulTour zu empfangen, das Projekt zu würdigen und die BA als Teil der sächsischen Hochschullandschaft zu präsentieren. Das Wetter war unverändert nass-kalt und entsprechend dicht standen wir gebündelt unter aufgestellten Pavillons, geklammert an unseren heißen Getränken. Besorgt um die eigene Gesundheit und das Feintuning der heutigen Etappe verbrachte ich selbst viel Zeit am Telefon oder damit den letzten Satz trockene Klamotten aus dem Begleitfahrzeug zu fischen und anzulegen. Nach kurzer Zeit traf unser Läuferteam ein und es kam nach einem gemeinsamen kennenlernen und Gruppenbild zum Teamwechsel, welcher durch die Berufsakademie nicht nur mit der Kamera, sondern auch durch laufstarke Studenten, Dozenten und die Direktorin Professorin Frauke Deckow begleitet wurde. Nicht zuletzt auf den gemeinsamen Laufkilometern ergaben sich viele Parallelen zwischen unserem Verein und zukünftigen Vorhaben der BA Glauchau, welche uns hoffentlich in naher Zukunft auch wieder zusammenführen werden. Mit einem großen Dankeschön von beiden Seiten verließ uns 8 km außerhalb von Glauchau der letzte zusätzliche Mitstreiter.
Meine eigene Laufetappe begann und endete erfreulicherweise nicht wie die letzten Tage, gezeichnet von Magenkrämpfen nach bereits einigen wenigen Kilometern. Entlang der Zwickauer Mulde ohne auch nur einen einzigen Höhenmeter führte mich der Weg ins Herz von Zwickau, wo wir nach ca. 9 km und fast pünktlich auf unser nächstes Highlight des Tourtages treffen sollten. Vor Ort wartete nicht nur der Fotograf der lokalen Zwickauer Freien Presse, sondern auch Paul und seine Mutti. Paul ist ein Betroffener der Duchenne Krankheit, der bereits im Kleinkindalter die Diagnose erhalten hat und sich seitdem weigert den drastischen Folgen nachzugeben. Paul und seine Mutti haben mich in meiner Überzeugung bestärkt, dieses Projekt als Herzensprojekt weiter zu verfolgen und auch in Zukunft die Lauf- und Radschuhe für diejenigen zu schnüren, die selbst nicht mehr solche Strecken aus eigener Kraft zurücklegen können. Ein Bild vor der Westsächsischen Hochschule, ein paar Stücken köstlichen Kuchen und einen Sack goldiger Stofftiere später, führte uns der Weg auch schon wieder in Richtung Chemnitz.
Bis zum angekündigten Treffpunkt in Chemnitz zum gemeinsamen Zieleinlauf um 15:30 Uhr gab es neben zwei verpatzter Hörnchen-Diplomversuche, Nässe und Kälte nicht viel zu berichten. Ein Eis für das Team später, starteten wir in unsere letzten gemeinsamen Tourkilometer, welche uns 16:30 Uhr auf den Campus der TU Chemnitz führten.
Hier wurden wir von Freunden des Vereins, der Presse und unserem Vereinsfreund Andre Irmscher und seinem Vater empfangen. Andre ist an den Rollstuhl gefesselt, aber verfolgt von dort unsere Tour schon seit Jahren mit großer Begeisterung. Wir waren froh, dass er es auch dieses Jahr wieder geschafft hat uns herzlich zu empfangen.
Das finale Abklatschen aller Teammitglieder, die längst überflüssige Ehrung unseres einmaligen Betreuerteams und das Abschlussgrillen im Teamverband waren die letzten Momente des heutigen Tages und somit auch das offizielle Ende der Lauf-KulTour 2021.
Im Rahmen der Vorbereitung der Tour gab es für mich, als Teil des Orga-Teams, viele Punkte zu berücksichtigen, welche zum Gelingen beitragen sollten. Die Organisation der mobilen Verpflegung, die Besetzung der Sportlerteams, die Einbindung von Hochschulen und Highlights in Sachsen getreu unserer diesjährigen eigenen Ziele… um nur ein paar zu nennen. Letztlich konnte die Tour in dieser Form nur gelingen, da ein engagiertes Team zusammengearbeitet hat. Diesem Team gelten zuletzt mein größter Dank und meine größte Anerkennung.
Zum Schluss bleiben bei einigen Tourteilnehmern jedoch noch einige Fragezeichen über den Köpfen, welche dafür sprechen, dass die Organisation ganz gut gelungen ist: „Was soll ich denn ab morgen sinnvolles machen? Wie komme ich an Nahrung und was soll ich anziehen?“