Bericht von Johanna
Liebes Tourtagebuch,
der heutige Tag war Bergfest im wahrsten Sinne des Wortes: wir haben nicht nur Bad Ischl, den südlichsten Punkt unserer diesjährigen Tour erreicht und damit Halbzeit gefeiert, sondern auch endlich wahres Berg-Panorama“ genießen dürfen - ganz ohne eine Masse ungemütlicher Höhenmeter überwinden zu müssen. Etappe 5 war von zahlreichen Höhen und Tiefen - Achtung Metapher - geprägt.
Alles begann nach dem gewohnten Frühstück mit dem ersten von drei Wegabschnitten - Team 1 war verloren gegangen und für Team 2, in welchem ich mitsportle, unauffindbar. Das war problematisch, weil wir fleißige Mitläufer aus Braunau am Inn an Land gezogen hatten, die uns auf der Grenzbrücke erwarteten, um sich engagiert für ein Stück anzuschließen. Als Team 2 wollten wir jedoch vorausradeln, um das Läuferteam 1 zu überholen und bis zur Staffelübergabe Pause zu haben. Nach einigen Telefonaten und Suchen entlang der schier unendlichen Maisfelder stellte sich heraus, dass Team 1 sich verfahren hatte und einige Kilometer zurücklag, bevor es uns wieder einholte. Ehrlich gesagt war es etwas frustrierend, da ich in der Zeit schon wieder Hunger bekommen hatte und der Kaffee langsam drückte… Nützt nix, weiter ging es zum ersten Wechselpunkt.
Die Pause dort war in der Tat sehr erholsam, doch langsam wich die morgendliche, angenehme Kühle der strahlendheißen Sonne, die uns für die nächsten Stunden während unserer Läufe unerbittlich verfolgen sollte. Auf Wegabschnitt 2 begleitete unser Team 2, bestehend aus Kilian, Sally, Lysiane und mir, Johannes aus dem Betreuerteam. Nun hieß es für über 30km laufen bzw. Laufbegleitung auf recht geradlinigem Asphalt, begleitet von nervenzehrenden Bundesstraßen und Sonne, sowie natürlich unserer Musik zu bewältigen. Ganz ehrlich, meine Frustrationstoleranz wurde von lauten, stinkenden Autos, stetig wachsendem Hunger und der Sonne mehr als gefordert - wovon Johannes wohl mittlerweile ein Lied singen kann. Nach einer schieren Unendlichkeit sollte sich jedoch herausstellen, dass sich alles gelohnt hatte: der zweite Wechselpunkt befand sich an keinem geringeren Ort als an dem herrlich frischen, blitzeblauen Mondsee, umgeben von bewaldeten Bergen. Dort stärkten wir uns nicht nur, sondern erfrischten uns nach Herzenslust ausgiebigst. Ich glaube niemand hätte etwas dagegen gehabt, den restlichen Tag dort badend und flätzend zu verbringen…
Und doch wurden wir auf der 3. Wegstrecke wieder überrascht…es sollte immer und immer schöner werden. Team 1 und 2 machten sich gemeinsam auf den Weg, nachdem Team 3 längst gestartet war, um ebenfalls sein Tagessoll zu erfüllen. Nach einem längeren Serpentinenanstieg tauchte vor uns der türkisblaue Wolfgangsee auf. Unsere Wege wurden von Bäumen gesäumt, sodass wir endlich Schatten und Aussicht genießen konnten, während es vor allem wieder zügig bergab ging. Es gab die üblichen von Thomas initiierten Gummibärchen und Fotostopps – und zwei äußerst unerwartete Situationen.
Beim ersten Mal kreuzte ein wildes Huhn unseren Weg, dem ich noch knapp entkam, während es Lysiane fast zwischen die Speichen fledderte und damit ein zum rustikalen Stil der Tour passendes Abendessen abgegeben hätte. Auf den Schreck folgte einer der inzwischen nur allzu üblichen Lachanfälle unseres Teams. Auf den letzten Kilometern, die entlang der Ischl durch den Wald auf wunderbar spaßigen Wegen verliefen, kam es zu einem weiteren Schreckmoment: ich bog um eine scharfe Kurve auf engstem Radweg, übersah einen kleinen, metallenen Dingsbums in der Erde (keine Ahnung was das dort sollte und wozu es offenbar mit Wachs poliert wurde), rutschte mit dem Vorderrad darauf aus und flog in hohem Bogen samt Rad in die dornige Böschung hinab. Diese hielt mich allerdings auch davon ab in den Fluss zu purzeln. Doch schneller als ich schauen - nicht wie am Spieß schreien - konnte, hatten Kilian und Florian mich rausgezogen. Bis auf den Blattschmuck am Rad und einiger blutiger Kratzer war ich mit dem Schrecken davongekommen. Doch auf die ersten Tränen folgte schnell der nächste Lachanfall und es konnte munter weitergehen.
Bad Ischl, die diesjährige Kulturhauptstadt Europas und damit „unser“ Vorgänger, ist wunderschön gelegen. Während wir in der Turnhalle des Bundesgymnasiums ankamen und auspackten, bekochte uns Johannes mit dem ungelogen köstlichsten Chili con Carne der Welt. Beim Essen begann es schließlich zu regnen und der restliche Abend wurde samt Ananassaft-Lachspucker und fröhlichen Gesprächen in die muffigen Umkleiden verlegt, was dem Abend jedoch keinerlei Abbruch tat.
Ab morgen treten wir also wieder den Rückweg nach Chemnitz an. Da der Weckdienst schon für 4.00 Uhr angedroht wurde, muss ich nun Schluss machen, um wenigstens ein paar Stunden von dem seltenen Phänomen namens „LKT-Schlaf“ zu bekommen. Gute Nacht und bis morgen.